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Aus dem Hut gezaubert - der vielgeschätzte, schwarze Holunder

Ich weiß nicht, wie es euch geht - aber der heurige Sommer hätte für meinen Geschmack fast etwas wärmer & beständiger sein können. Zwar haben wir die Heuernte zu Hause als auch auf unserer Alm & sowie den Steilhang, trotz riesengroßer Verspätung, bei gutem & heißem Wetter heimbringen können, aber leider blieb für mich nicht immer genug Zeit übrig, um im Garten den für meine Ansprüche idealen Erntezeitpunkt für die Teeproduktion zu erhaschen. Da waren mir dann doch ein paar Stunden Auszeit mit der Familie auf der Alm oder in der Therme wichtiger - Erholung & Pausen stehen nämlich auch auf meiner Prioritätenliste.

 

Bei meinen Kräuterwanderungen kann ich meine Teilnehmerinnen bestimmt immer bis zu einem gewissen Grad mit meinem fachlichen Wissen & mit geschulter Allround-Kompetenz zufriedenstellen - da gibt es aber etwas, was mir viel wichtiger ist: wenn ich den einen Punkt erwische, wo sich meine Kräuter-Interessenten/innen erinnern: "Ja, genau so hat meine Oma den Holunderblüten-Tee auch eingesetzt..." Das sind immer jene Momente, wo ein stilles Lächeln über die Lippen huscht & alle chemischen oder lateinischen Details einen Schritt in den Hintergrund treten

& der Salutogenese den Vortritt lassen.

  

Glaube, Begeisterung & Genuss sind die drei Eckpfeiler der Salutogenese -

worauf müssen mir Acht geben, um im Gleichgewicht & somit gesund zu bleiben?

 

 

Weise Frauen, wie meine Oma eine war, waren sich immer bewusst,

dass mit einfachen Mitteln, Zuwendung an Zeit sowie

mit liebevoller Zubereitung sehr kostbare Dinge entstehen können.

 

Ein Mus aus reifen Holunderbeeren

- auch Hollerkoch oder Hollermandl genannt -

ist eine dieser unbezahlbaren Kostbarkeiten. Wenn im August die dunkelroten Beeren sich schön langsam ins Schwarz verfärben, 

ist die perfekte Zeit für die Ernte. Dann gilt es schnell zu sein, denn auch die Vögel finden durchaus gefallen an der wertvollen Frucht.

 

Holunder wächst bei vielen landwirtschaftlichen Gebäuden, in Au-Landschaften oder Schrebergärten noch heute vollkommen unkompliziert & siedelt sich von selbst gerne entlang von Gemäuern an, was die Ernte erleichtert. Können keine Leitern angelehnt werden, leistet auch

eine Frontlader-Schaufel gute Dienste, mit der mich mein Mann

in luftige Höhen manövriert. So ergattere ich auch jene Dolden,

welche ansonsten nur den Vögeln vorenthalten sind.

 

 

Ganz unseren gefiederten Freunden gleich sollten wir es allerdings nicht tun:

rohe Holunderbeeren sind für den Menschen ungenießbar auf Grund des enthaltenen

"Sambunigrin" - ein Inhaltsstoff, welcher leicht giftig ist & zu Magenschmerzen führen kann.

 

Traditionell bieten sich darum

verschiedene Formen der Verarbeitung an. 

Meine Favoriten sind:

 

~ Hollerröster mit Früchten der Saison,

~ Sirup aus den reifen Beeren,

~ sowie Likör aus den Beeren.

 

Eine weitere Möglichkeit wäre, die vollreifen Beeren im Backrohr

bei 100° C zu trocknen & in der kalten Jahreszeit für Tee oder

als Abkochung bei rheumatischen Beschwerden einzusetzen.

 

Womit ich bei meinen Kindern sehr gute Erfahrungen gemacht habe:

in eine Tasse Holunderblüten-Tee einen Schuss

Holunderbeeren-Sirup geben & diesen ganz unkompliziert

bei leicht fiebrigen, grippalen Infekten anbieten.

Auch ist es möglich, 2 EL Holunderbeeren-Likör mit einer Tasse Wasser aufzukochen, bis aller Alkohol verdampft ist & im Notfall (wenn der Sirup schon aufgebraucht ist) auf diese Variante zurückzugreifen. 

 

Welche Eigenschaften machen den Holunder so wertvoll,

dass selbst unsere Ahnen schon immer zu sagen pflegten:

"Vorm Holler ziag dein Huat..."?

 

 

Holunder zählt zur Familie der Geißblattgewächse (Gaprifoliaceae)

& wartet mit der Besonderheit auf, dass alle Pflanzenteile

 

~ Büten - Flores Sambuci,

~ Beeren - Fructus Sambuci,

~ Rinde - Cortex Sambuci (die innere, grüne Rinde

der zweijährigen Äste, getrocknet),

~ Blatt - Folium Sambuci,

~ sowie das weiße Mark im inneren

der zweijährigen Äste für Zwecke des Räucherns

 

verwendet werden können. Holunder schützt den Menschen

als Schwellenbaum auf allen Wegen & steht symbolisch sowohl für den Lebensbeginn als auch für die Zeit des Werdens, Reifens & Vergehens bis zum Lebensende & den Übertritt der Seelen in die Anderswelt.

Niemals sollten wir einen Holunderbaum verletzen oder gar fällen,

um an sein Holz zu kommen. Vielmehr dürfen wir nur jene Äste verwenden, welche von selbst abbrechen, sagt die Legende.

 

 

Auf welche Organe wirken die einzelnen Bestandteile

des Holunder im Besonderen & wann setzen wir ihn in der Volksheilkunde ein?

 

 

Nicht selten zeigt uns der Holunderstrauch ein für andere Pflanzen eher untypisches Bild: alle drei Fruchtstadien

- einzelne duftende Blüten, grüne Beeren sowie die reife Frucht -

finden sich manchmal sogar im Herbst noch auf ein & derselben Staude.

 

Die Blüten des Holunders unterstützen uns bereits im Frühjahr,

als Sirup oder einfach nur als "Infused Water" (eine Blütendolde in einem Krug Wasser für eine halbe Stunde ausziehen lassen), indem die überschüssige Hitze der Kalten Jahreszeit über die Harnwege ausgeleitet wird & uns so vor einem hitzigen Kopf im Sommer bewahrt. Außerdem leisten sie gute Dienste

 

~ wenn eine schweißtreibende Wirkung gewünscht ist,

~ vorbeugend bei Erkältungsanfälligkeit,

~ zur Reinigung des Lymphsystems bei Hauterkrankungen jeglicher Art,

~ bei Verschleimungen der Atemwege sowie in der Heuschnupfenzeit,

~ bei Rheuma & Gicht,

~ in den Wechseljahren zur Erleichterung bei unangenehmen &

zeitweise sehr lästigen Hitzewallungen (östrogenartige Wirkung).

 

 

Während wir den Blütentee bei beginnenden Infekten zur Schweißbildung & zum Lösen

von Schleim einsetzen, unterstützen uns die tief-violetten, reifen Beeren immer dann, wenn wir

das Fieber senken möchten, um den Organismus bei seiner wichtigen Arbeit zu unterstützen.

 

Hollerkoch, Likör oder Sirup aus den vollreifen Beeren

ist immer dann ein Segen, wenn

 

~ unsere Lungen Unterstützung benötigen,

~ wir das Immunsystem stärken möchten,

~ zum Einsatz bei Nervenschmerzen,

~ als Entzündungshemmung bei Gelenkserkrankungen,

~ zur allgemeinen Stärkung der Nieren & der Blase,

~ bei Eisenmangelzuständen & Anämie zur Kräftigung des Blutes,

~ außerdem zur Unterstützung der Fruchtbarkeit.

 

Nebenbei kann ein Mus aus den reifen Beeren

mit weißer Tonerde (Bolus alba) zu einem Brei verrührt werden,

welcher äußerlich bei Geschwüren oder Mastitis (Brustentzündung beim Stillen) als kühlende Auflage rasche Linderung verspricht.

 

Die grünen, unreifen Beeren können kulinarisch als

Kapern-Ersatz zu sogenanntem "Hexenpfeffer" verarbeitet werden.

 

 

Rezept für mein Hollerkoch & unsere "home made" Waffeln

 

 

Beim schwarzen Holunder empfiehlt es sich manchmal,

die reifen Beeren auf Etappen zu ernten.

Bei trockenem Wetter bekommen wir die beste Qualität -

sauber abgerebelt halten sich die Beeren für gut zwei Tage,

wenn diese durchgehend gekühlt & steril gelagert werden.

 

Für mein Rezept benötigst du:

 

 1500 ml bzw. gut 1 kg sauber verlesene, vollreife Holunderbeeren,

 

~ in einem weiten, hohen Kochtopf lassen wir bei mittlerer Hitze

150 g braunen Zucker karamellisieren,

~ anschließend mit 20 ml Rum ablöschen,

~ 1 Prise Salz, 700 ml Wasser sowie die Holunderbeeren zufügen

& nach dem Aufkochen für 25 min. ohne Deckel

bei mittlerer Hitze kochen.

 

In manchen Rezepten wird sogar empfohlen, das Fenster zu öffnen,

damit der Hollergeist (= Blausäureglycosid Sambunigrin) ausziehen kann.

 

Als Obst der Saison empfehlen sich reife Zwetschken oder Pflaumen,

klein geschnittene Äpfel oder Birnen - je reifer, umso mehr Süße bringen sie ins Gericht.

 

In der Zwischenzeit

 

~ 600 g reife süße Zwetschken entkernen, vierteln &

nach Belieben klein schneiden - zu den Beeren geben & zusammen mit

 

~ 1 Zimtstange (könnte auch schon beim Karamellisieren

des Zuckers mit dazu gegeben werden),

~ etwas abgeriebener Orangenschale, einem Hauch Nelkenpulver

~ sowie je 1 Messerspitze echter Vanille & Kardamonpulver

 

für weitere 25 min. einkochen.

 

Zu guter Letzt werden 40 g Edelkastanien-Mehl nach Hildegard von Bingen mit 80 ml bestem Portwein

in einem Schälchen glatt gerührt - die Zimtstange herausholen & das Hollerkoch sämig eindicken.

Alternativ kann man auch zu Puddingpulver greifen - aber bitte nicht mit Kuhmilch anrühren,

das würde der Haltbarkeit - in Bezug auf´s Einrexen - keinen guten Dienst erweisen.

 

Serviert wird das Hollerkoch traditionell mit einem kleinen Stück

kalter Butter oder mit einem Schuss süßer Sahne & Zucker nach Belieben.

 

Wer auf raffinierten Zucker verzichten möchte,

kann schon während des Kochens einige Datteln klein schneiden, mitkochen & dem Gericht damit mehr Süße verleihen.

 

Hollerkoch kann in kleinen Gläschen abgefüllt 

wunderbar eingerext werden & ist für unsere Kinder eine gesunde

& abwechslungsreiche Alternative zur Wurstsemmel

in der Jausenbox. Ganz nebenbei stärken wir so außerdem das Immunsystem

in der kühleren Jahreszeit, wenn sich wieder der eine oder

andere Erreger breit macht & auch die Blutbildung kommt

gewiss nicht zu kurz.

 

Gesund muss nicht immer langweilig sein -

wie wäre es zum Beispiel mit selbstgemachten Waffeln?

Sowohl zum Frühstück, als Dessert oder für Unterwegs ein Gedicht.

 

 

Für die Waffeln in der Küchenmaschine

 

~ 250 g zimmerwarme Butter mit 150 g Staubzucker schaumig rühren,

~ weiters 1 Messerspitze echte Bourbon-Vanille & 1 Prise Salz,

 

~ außerdem Kardamom, Zimt, echtes Kakaopulver

& etwas fein abgeriebene bio-Orangenschale.

 

Nach & nach 8 Eier einrühren.

In einer weiten Schüssel mische ich:

 

 

~ 200 g glattes Mehl & 150 g fein geriebene Mandeln,

welche zu guter Letzt mit dem Schneebesen locker untergehoben werden.

 

Das Waffeleisen vorheizen, mit neutralem Speiseöl leicht fetten & die Waffeln goldgelb ausbacken.

Die Masse ergibt ca. 12 Stück Waffeln.

 

 

Frei nach dem Zitat von Ernst Ferstl

"Zeit, die wir uns nehmen ist Zeit, die uns etwas gibt..."

wünsche ich euch viel Freude mit den Rezepten & viele kostbare Stunden

im Kreis eurer Familie. Es sind oftmals Momente in der Natur &

die kleinen, besonderen Augenblicke & Genussmomente, die unser Leben wertvoll machen.

 

Gutes Gelingen & Mahlzeit – herzlichst, eure Barbara